Bradykardie: Wenn das Herz zu langsam schlägt
Schlägt das Herz zu langsam, versorgt es die Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff. Außerdem droht ein Herzstillstand. Als kritisch gilt ein Puls unter 60 Schlägen pro Minute. Lesen Sie hier alles zu Ursachen, Symptomen und Therapie der Bradykardie.
Wann ist eine Bradykardie gefährlich?
Das Herz pumpt mit jedem Schlag etwa 60 ml Blut in den Kreislauf, um alle Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Normalerweise schlägt es dafür zwischen 60 und 90 Mal pro Minute, bei Aufregung oder körperlicher Aktivität häufiger. Bei manchen Menschen sinkt jedoch dieser Herzschlag in Ruhe. Ungefährlich ist das bei Leistungssportlern, deren Herz durch das Training sehr leistungsfähig ist. Bei untrainierten Menschen besteht jedoch die Gefahr, dass Zellen und Organe bei einem zu niedrigen Puls nicht genügend Sauerstoff erhalten. Als krankhaft gilt ein zu langsamer Herzschlag (Bradykardie) bei dauerhaft weniger als 60 Schlägen pro Minute oder bei längerem Aussetzen des Herzschlags.
Eine Sonderform ist die relative Bradykardie, die in Zusammenhang mit Infektionskrankheiten wie Typhus oder der Legionärskrankheit auftritt: Normalerweise beschleunigt sich bei Fieber der Herzschlag, damit der Blutdruck trotz der Erweiterung der Gefäße nicht abfällt. Bleibt jedoch der Puls trotz erhöhter Körpertemperatur niedrig, wird das relative Bradykardie genannt.
Ursachen für eine Bradykardie
Der Taktgeber für den Herzschlag ist der Sinusknoten im rechten Vorhof des Herzens. Er erzeugt einen elektrischen Impuls, der vom AV-Knoten am Übergang zwischen Vorhof und Herzkammern aufgenommen wird. Dieser leitet den Impuls weiter zum His-Bündel, das ihn an die Herzkammern übermittelt. Auf diese Weise ziehen sich die Muskeln in den Herzkammern fein aufeinander abgestimmt zusammen und sorgen so dafür, dass das Blut mit entsprechendem Druck in den Kreislauf gepumpt wird.
Für eine Bradykardie kann es an jeder Stelle der Impulsweiterleitung im Herzen physiologische Ursachen geben.
Sinusknoten: Funktioniert der Sinusknoten nicht richtig oder fällt aus, so fehlt der wichtige Taktgeber für den Herzschlag. Beim Sick-Sinus-Syndrom schafft es das Herz unter Belastung nicht mehr, den Herzschlag für den erhöhten Sauer- und Nährstoffbedarf zu steigern. Dabei kann der Sinusknoten die elektrischen Impulse entweder nur verzögert oder komplett unregelmäßig weiterleiten. Bei der Sinusbradykardie hingegen schlägt das Herz zwar gleichmäßig, aber zu langsam.
AV-Knoten: Ist die Impulsweiterleitung im AV-Knoten gestört, so wird dies als AV-Block (Atrioventrikular-Block) bezeichnet. Dabei kann die Reizübertragung aus den Vorhöfen zu den Kammern entweder verzögert oder aber unterbrochen sein. Stattdessen erzeugen dann andere Erregungszentren elektrische Impulse, um den Herzschlag aufrecht zu erhalten. Das funktioniert jedoch nicht in der gleichen Geschwindigkeit. Der AV-Block wird in drei Grade unterteilt:
- 1. Grad: Die Reize werden zwar zeitlich verzögert, aber regelmäßig zu den Kammern übermittelt.
- 2. Grad: Es kommen nur noch ein Teil der Impulse in den Kammern an.
- 3. Grad: Keine keine Impulse vom Sinusknoten erreichen mehr die Herzkammern.
Vorhofflimmern: Fehlerhafte Signale führen dazu, dass sich die Herzvorhöfe nicht mehr gleichmäßig zusammenziehen. Deshalb wird nur ein Teil des Blutes aus den Vorhöfen in die Herzkammern gepumpt, der Rest staut sich in den Vorhöfen. Dadurch wird ein kraftvoller und gleichmäßiger Herzschlag verhindert.
Auslöser für die Probleme bei der Reizweiterleitung können folgende Faktoren sein:
- Herzoperationen
- Angeborene Herzfehler
- Herzschwäche (Kardiomyopathie)
- Herzmuskelentzündung (Myokarditis)
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Bestimmte Medikamente, etwa gegen Herzrhythmusstörungen
- Stoffwechselkrankheiten, etwa eine Schilddrüsenunterfunktion
Apnoe-Bradykardie-Syndrom des Frühgeborenen
Bei Frühgeborenen tritt relativ häufig das Apnoe-Bradykardie-Syndrom auf. Dann atmen die Frühchen zu selten, weil ihr Atemzentrum noch nicht ausgereift ist. Infolgedessen sinkt auch der Herzschlag. Mittels einer Stimulationstherapie wird beides wieder angeregt. Meist verliert sich das Problem mit zunehmender Reife des Gehirns von alleine.
Symptome bei einer Bradykardie oft unauffällig
Ist der Herzschlag nur etwas langsamer als die gewünschten 60 Schläge pro Minute, so bemerken Betroffene häufig gar nichts davon – insbesondere nicht nachts während des Schlafens. Erst wenn der Herzschlag deutlich sinkt oder bei Belastung niedrig bleibt, treten Symptome auf. Das sind typischerweise:
- Schwindel
- Konzentrationsprobleme
- Müdigkeit, Schlappheit
- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Sehstörungen
- Atemnot bei körperlicher Aktivität
- Bewusstlosigkeit
Diagnose: Langzeit-EKG deckt Bradykardie auf
Bei der Untersuchung geht es zuerst um Vorerkrankungen und regelmäßig eingenommene Medikamente. Eine Kontrolle des Pulses und des Blutdrucks gehört ebenso dazu wie ein Blutbild, das Aufschluss über Stoffwechselkrankheiten oder Mangelerscheinungen geben kann. Mit dem Stethoskop kontrolliert der Arzt*die Ärztin die Herztöne.
Wichtige Anhaltspunkte liefert jedoch vor allem das EKG. Zuerst wird ein Ruhe-EKG geschrieben, bei dem die Herzfrequenz im Liegen gemessen wird. Meist folgt danach ein Langzeit-EKG, das die Herzschläge bis zu sieben Tage lang aufzeichnet. So fallen auch Herzaussetzer oder Perioden besonders langsamer Herzschläge im Schlaf auf. Treten die Symptome vor allem bei körperlicher Aktivität auf, so erfolgt ein Belastungs-EKG. Dabei wird die Herzaktivität beim Sport auf einem Sitzfahrrad oder Laufband gemessen.
Mit einer Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) kann die Funktionsfähigkeit des Herzens beurteilt werden. Dafür wird das Ultraschallgerät auf den Brustkorb gelegt. In manchen Fällen erfolgt auch eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU), bei der mit einem Herzkatheter direkt am Herzen untersucht wird, an welcher Stelle die Erregungsweiterleitung unterbrochen ist.
Behandlung der Bradykardie mit Herzschrittmacher
Bei Sportlern ist eine Bradykardie unbedenklich und erfordert keine Behandlung. Junge Menschen können ihren Herzschlag bei leichter Bradykardie auch durch mehr Bewegung, Kaffee oder Wechselduschen beschleunigen. Sind Medikamente die Ursache, so sollten sie abgesetzt werden. Stoffwechselstörungen oder Mineralstoffmangel sollten ebenfalls direkt behoben werden.
Schlägt das Herz jedoch ohne diese Ursachen bei untrainierten Menschen deutlich zu langsam oder setzt manchmal lange aus, so wird in der Regel ein Herzschrittmacher implantiert. Der Herzschrittmacher erkennt, wenn der Herzschlag zu langsam wird. Dann gibt er automatisch ein elektrisches Signal ab, das über eine oder mehrere Sonden direkt ins Herz geleitet wird. Dieses Signal löst das Zusammenziehen der Herzmuskulatur aus.
Der kleine Herzschrittmacher wird unterhalb des Schlüsselbeins unter die Haut eingesetzt. Er stört nicht und erlaubt sämtliche Alltagstätigkeiten. Die Sonde wird durch die Schlüsselbeinvene ins Herz geschoben und mit einem winzigen Gewinde in den Herzmuskel geschraubt. Während der Operation kontrolliert der Arzt*die Ärztin per Röntgenbild, dass die Sonde an der richtigen Stelle angebracht wird. Für die OP ist meist keine Vollnarkose nötig.
Mit dem Herzschrittmacher fühlen sich viele Patient*innen mit Bradykardie wieder fitter und leistungsfähiger. Sie dürfen fast uneingeschränkt Sport treiben, nur von Kontaktsportarten wie Boxen wird abgeraten. Allerdings sollten Menschen mit Herzschrittmacher Magnetfelder meiden, etwa bei elektrischen Anlagen oder Sicherheitskontrollen.
Wird eine Bradykardie nicht behandelt, so drohen der plötzliche Herztod (bei unbemerktem Aussetzen des Herzens) oder eine zunehmende Herzschwäche.
Bradykardie vorbeugen: Sport trainiert das Herz
Direkt vorbeugen lässt sich einer Bradykardie nicht. Doch Herz und Gefäße können durch einige allgemeine Maßnahmen gesund gehalten werden:
- Regelmäßige schweißtreibende Bewegung bringt Herz und Kreislauf in Schwung und trainiert das Herz.
- Verzicht auf Nikotin- und Drogenkonsum
- Alkohol nur in Maßen konsumieren
- Stress vermeiden oder durch Entspannungstechniken reduzieren
- Ausreichend Pausen im Alltag einplanen
- Gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Fett und Cholesterin sowie vielen Ballaststoffen und Eiweißen
- Genügend Schlaf, am besten zu gleich bleibenden Zeiten