Heparin – Bei Thrombosen und Angina pectoris
Heparin verhindert die Verklumpung der Blutplättchen und beugt damit Thrombosen vor. Als Salbe oder Gel hilft es bei Prellungen und Blutergüssen. Als Spritze oder Infusion wird Heparin gegen Angina pectoris und bei Gefäßverschlüssen eingesetzt. Lesen Sie alles zu Wirkung und Nebenwirkungen.
Was ist Heparin?
Heparin ist ein Mittel zur Blutverdünnung. Es mindert die Blutgerinnung und verhindert dadurch das Zusammenklumpen des Blutes. Damit beugt es Thrombosen vor. Es wird auch natürlich im Körper gebildet. Nach Operationen oder bei krankheitsbedingter Bettlägerigkeit wird Heparin häufig als Thromboseprophylaxe verordnet, da sich durch die mangelnde Bewegung leicht Blutgerinnsel bilden können. Es wird dann unter die Haut als Spritze verabreicht. Heparin wird jedoch auch nach einem Anfall von Angina Pectoris oder nach einem Herzinfarkt eingesetzt, um die Durchblutung des Herzens zu fördern. Als Salbe oder Gel wird Heparin gegen Blutergüsse und Prellungen sowie oberflächliche Venenentzündungen äußerlich angewendet. Dabei gibt es zwei Sorten von Heparin:
- Standardheparin oder unfraktioniertes, hochmolekulares Heparin: Es besteht aus langen Polysaccharid-Ketten und wird in eine Vene gespritzt. Es entfaltet schnell seine Wirkung.
- Niedermolekulares oder fraktioniertes Heparin besteht aus kleineren Molekülketten. Seine Wirkung hält länger an und es verursacht weniger Nebenwirkungen. Es wird unter die Haut (subkutan) gespritzt.
Heparin wird aus Schweinedärmen gewonnen. Forscher haben es zwar 2017 geschafft, niedermolekulares Heparin künstlich herzustellen. Der synthetisch hergestellte Wirkstoff ist aber bisher noch nicht auf dem Markt. Für Menschen muslimischen Glaubens und jene, die eine vegane Lebensweise pflegen, stehen jedoch alternative Medikamente zur Thromboseprophylaxe zur Verfügung.
Heparin hemmt die Blutgerinnung
Im Falle einer Verletzung wird das Enzym Thrombin (Faktor IIa) aktiv. Es sorgt für die Blutgerinnung. Durch ein Verklumpen der Blutplättchen (Thrombozyten) wird die Wunde verschlossen und die Blutung gestillt.
Heparin wirkt auf das Protein Antithrombin und aktiviert es. Antithrombin hemmt Thrombin, wodurch die Blutgerinnung gemindert wird. Antithrombin sorgt dafür, dass in unverletzten Gefäßen keine Blutplättchen zusammenklumpen und das Blut gut fließen kann. Niedermolekulares Heparin inaktiviert zusätzlich weitere Gerinnungsfaktoren.
Heparin kann nicht über den Verdauungstrakt als Tabletten aufgenommen werden. Deshalb muss es entweder intravenös oder unter die Haut gespritzt werden. Bei akuten Fällen wie einem Herzinfarkt oder einer neu entstandenen Thrombose werden hohe Dosen Heparin mit einer Infusion direkt in die Vene geleitet.
Heparin als Salbe oder Gel
Als Salbe oder Gel wird Heparin über die Haut gezielt an einer Stelle aufgenommen. So soll das Blut bei Blutergüssen besser abfließen und die Schwellung nach einer Prellung schneller zurückgehen. Denn Heparin fördert die Durchblutung, dadurch kann zusätzliche Flüssigkeit schneller abtransportiert werden. Auch oberflächliche Venenentzündungen können mit Heparin behandelt werden, insbesondere, wenn sie nicht durch eine Kompression erreicht werden können. Auf offene Wunden oder auf Schleimhäuten sollte Heparin jedoch nicht aufgetragen werden.
Nebenwirkung von Heparin: Blutungen
Heparin sorgt dafür, dass das Blut besser fließt und feste Bestandteile nicht verklumpen. Das beugt Gerinnseln vor, kann aber problematisch bei Verletzungen werden. Denn der eigentliche Grund der Blutgerinnung ist es, bei Verletzungen die Stelle schnell abzudichten und so den Blutverlust zu stoppen.
Als unerwünschte Nebenwirkungen durch die Verabreichung von Heparin kommt es deshalb häufig zu einer Blutungsneigung und Wundheilungsstörung. Auch die Monatsblutung von Frauen kann stärker ausfallen. Ist sie allerdings sehr stark, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Für schwere Verletzungen oder Operationen gibt es das Gegenmittel Protamin, das die Wirkung von Heparin aufhebt. So können starke Blutungen gestillt werden.
Weitere Nebenwirkungen des Blutverdünners
Selten kommt es zu leichtem Juckreiz und allergischen Rötungen der Haut nach einer Behandlung mit Heparin. Nach monatelanger Behandlung mit Heparin kann es zu Haarausfall kommen. Anschließend wachsen die Haare jedoch wieder nach. In den meisten Fällen ist Heparin jedoch gut verträglich. Es darf auch während der Stillzeit und nach strenger Indikation während der Schwangerschaft verwendet werden. Bei der Anwendung von Heparin als Salbe und Gel traten bisher kaum Nebenwirkungen auf.
HIT: Heparin-induzierte Thrombozytopenie
Eine besonders gefährliche Nebenwirkung von Heparin ist die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT). Diese kommt bei der Gabe von unfraktioniertem Heparin zehnmal häufiger vor als bei dem niedermolekularen Wirkstoff. Eine besonders hohe Gefahr besteht nach großen Operationen. Bei dieser Reaktion bildet der Körper nach der Gabe von Heparin Antikörper, welche die Thrombozyten (Blutplättchen) aktivieren. Gleichzeitig wird mehr Thrombin produziert. Beides führt zu einer starken Neigung zur Thrombosebildung. Betroffene haben ein starkes Risiko für arterielle und venöse Gefäßverschlüsse. Meist tritt diese Komplikation zwischen fünf und 14 Tage nach der Heparingabe auf. Besonders gefährdet sind Menschen, die bereits früher mit Heparin behandelt wurden. Auch wenn sie damals Heparin gut vertragen haben, kann es bei der zweiten Anwendung innerhalb kurzer Zeit zu gefährlichen Gerinnungsstörungen kommen.
Erkennbar ist HIT an den um mehr als die Hälfte gesunkenen Thrombozytenwerten. Auch die Antikörper können im Blut bestimmt werden, um das Risiko einer Heparin induzierten Thrombozytopenie zu erkennen. Bei einer HIT muss das Heparin abgesetzt werden.
Kontraindikation: Kein Heparin bei Nierenerkrankungen
Wer bereits einmal eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie hatte und dementsprechend Antikörper gegen den Wirkstoff im Blut hat, sollte kein Heparin verwenden. Außerdem sprechen folgende Indikationen gegen die Anwendung von Heparin als Spritze oder Infusion:
Heparin: Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Heparin kann die Wirkung anderer Blutgerinnungshemmer verstärken und damit die Gefahr starker Blutungen steigern. Außerdem erhöht Heparin den Kaliumspiegel im Blut. Gemeinsam mit anderen Medikamenten, die ebenfalls das Kalium steigern wie ACE-Hemmer, NSAR oder manche Diuretika kann der Kaliumspiegel zu hoch werden. Das kann zu Problemen im Herzmuskelgewebe der Vorhöfe und zu Herzrhythmusstörungen führen. Bei Spritzen in den Muskel können Blutergüsse entstehen. Verschiedene Arzneimittel gegen bösartige Tumore verstärken die Wirkung von Heparin.
Abgeschwächt werden kann die Wirkung von Heparin durch die intravenöse Gabe von Nitroglycerin, durch Digitalis, Ascorbinsäure oder durch Nikotinmissbrauch. Auch Antihistaminika, die beispielsweise gegen Heuschnupfen und andere Allergien eingenommen werden, können die Wirkung herabsetzen. Die Dosis muss in diesem Fall angepasst werden.
Kann Heparin gegen Covid helfen?
Viele bettlägerige Covid-Patienten bekommen Heparin zur Vorbeugung gegen Thrombosen. Forscher der Universität Liverpool haben nun entdeckt, dass unfraktioniertes Heparin auch die Oberflächenstruktur des Coronavirus SARS-CoV-2 destabilisieren kann. Dadurch kann es verhindern, dass das Virus an Körperzellen andockt. Die Forschung, wie wirksam Heparin tatsächlich gegen Covid-Erkrankungen ist und ob ein Heparin-Spray gegen eine Corona-Infektion schützen könnte, läuft.