Blutverdünner, Betablocker, ACE-Hemmer: Alles über Herzmedikamente und COVID-19
Für die Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen ist die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wichtig. Auch während der Corona-Pandemie sollten Betroffene nicht eigenständig Präparate absetzen – selbst dann nicht, wenn eine COVID-19-Impfung bevorsteht. Hier lesen Sie alles zu den einzelnen Herz-Kreislauf-Medikamenten und ihrem Zusammenhang mit Corona.
Blutverdünner und Corona: Heparin, Acetylsalicylsäure (ASS)
Blutverdünner (Antikoagulantien) setzen die Blutgerinnung herab. Sie finden bei verschiedenen Herz-Kreislauferkrankungen und Venenerkrankungen Anwendung oder werden zur Thromboseprophylaxe eingesetzt. Ein Beispiel für einen Blutverdünner ist Heparin. Es wird als Spritze oder Infusion unter anderem nach einem Herzinfarkt verabreicht. Zur täglichen Einnahme gibt es Antikoagulantien in Tabletten-Form.
Einfluss auf akute COVID-19: Die Gerinnungsneigung und das damit verbundene erhöhte Thromboserisiko ist auch unabhängig von COVID-19 ein Problem bei Intensivpatient*innen. Bei Menschen, die sich mit Corona infiziert haben, ist die Wahrscheinlichkeit eine Thrombose zu erleiden allerdings noch einmal höher als bei anderen Intensivpatient*innen. Denn SARS-CoV-2 schadet nicht nur der Lunge, sondern auch den Endothelzellen, welche die Innenseite der Blutgefäße auskleiden, und kann dadurch in den kleinen Kapillaren Gerinnungsstörungen und Minithrombosen auslösen. Eine US-Studie zeigte, dass sich Blutverdünner positiv auf den Verlauf von COVID-19 auswirken und das Sterberisiko senken können. Ebenso kann eine rechtzeitige Verabreichung der Antikoagulantien das Sterberisiko während einer künstlichen Beatmung senken.
Blutverdünner und Impfung: Blutverdünner müssen vor einer Impfung gegen COVID-19 nicht abgesetzt werden. Auch das Ersetzen der täglichen Tabletteneinnahme durch das Spritzen von Heparin ist ausdrücklich nicht zu empfehlen. Vor der Impfung sollten Betroffene das Personal über die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten informieren. Eine dünnere Kanüle sowie eine längere Beobachtungszeit von 15 bis 30 Minuten nach der Impfung ist dann ratsam. Außerdem soll die Einstichstelle zirka fünf Minuten abgedrückt werden.
ACE-Hemmer und Corona
ACE-Hemmer (Angiotensin-Konversions-Enzym-Hemmer) erweitern die Blutgefäße und senken den Blutdruck. Sie werden unter anderem zur Vorbeugung bei Bluthochdruck, bei Herzinsuffizienz oder nach einem Herzinfarkt eingesetzt. ACE-Hemmer sind in Form von Tabletten erhältlich. Im Körper ist ACE ein Enzym, das durch Bindung an spezialisierte ACE-Rezeptoren in die Zellen gelangt und das Hormon Angiotensin aktiviert. Dieses wiederum hat die Aufgabe, den Blutdruck zu erhöhen. ACE-Hemmer setzen hier an: Sie hemmen das Enzym, das für die Aktivierung von Angiotensin notwendig ist, wodurch der Blutdruck gesenkt wird. Da auch das SARS-CoV-2-Virus über die ACE-Rezeptoren in menschliche Zellen gelangt, wurden Untersuchungen über einen Zusammenhang zwischen ACE-Hemmern und COVID-19 durchgeführt.
Einfluss auf COVID-19: Es bestand der frühe Verdacht, dass ACE-Hemmer einen schweren Verlauf von COVID-19 begünstigen. Mehrere Studien aus Europa, den USA und China belegen mittlerweile jedoch, dass es keinen Beweis für einen negativen Einfluss von ACE-Hemmern auf das Infektionsrisiko oder den Verlauf von COVID-19 gibt. Es zeigte sich sogar, dass ACE-Hemmer dazu beitragen können, das gefährliche Hyperinflammationssyndrom (schwere Entzündungsreaktion im ganzen Körper), welches in der späten Erkrankungsphase eintritt, zu vermindern. Auch Sartane (Angiotensin-Rezeptor-Blocker) sind Blutdrucksenker und zeigten im Zuge von Untersuchungen keine negativen Effekte auf eine Corona-Erkrankung und deren Verlauf.
ACE-Hemmer und Impfung: Auch bei bevorstehender Corona-Impfung sollten die Blutdrucksenker nicht abgesetzt werden. Wechselwirkungen zwischen den Corona-Impfstoffen und ACE-Hemmern sind bisher nicht bekannt. Die Impfung sollte trotz der Einnahme von ACE-Hemmern in jedem Fall wahrgenommen werden, da der Schutz der Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus über den möglichen Risiken, also generellen Impf-Nebenwirkungen, steht.
Betablocker und Corona
Betablocker (Betarezeptorenblocker) senken den Blutdruck und die Herzfrequenz. Neben der Behandlung von Bluthochdruck kommen sie als Medikament bei der koronaren Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen oder chronischer Herzinsuffizienz zum Einsatz. Betablocker hemmen die Beta-Adrenozeptoren, die zum einen für die Steigerung der Herzfrequenz und zum anderen für die Erhöhung des Blutdrucks zuständig sind. Die Medikamente sind als Tabletten erhältlich oder werden durch die Vene verabreicht.
Einfluss auf COVID-19: Es sind keine speziellen Einflüsse von Betablockern auf COVID-19 bekannt. Wie andere Blutdrucksenker sollten auch sie während der Pandemie weiter eingenommen werden.
Betablocker und Impfung: Betablocker sollten nicht selbstständig von Betroffenen abgesetzt werden, auch wenn eine Corona-Impfung bevorsteht. Bei Unsicherheiten ist ärztlicher Rat sinnvoll.
Statine und Corona
Statine werden eingesetzt, um zu hohe Cholesterinwerte zu senken. Sie hemmen das Enzym HMG-CoA-Reduktase, welches für die Herstellung von Cholesterin in der Leber zuständig ist. Ist der Cholesterinspiegel erhöht, kann sich auf Dauer freies Cholesterin an den Arterienwänden ablagern und die Entstehung von Arteriosklerose begünstigen. Eine Arteriosklerose wiederum ist meist der Vorbote von Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Einfluss auf COVID-19: Statine könnten als zusätzliche Therapie bei COVID-19 sinnvoll sein. Studien zeigen, dass das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs durch die Einnahme von Statinen gesenkt werden kann. Dieser Effekt wird der antiinflammatorischen (antientzündlichen) und gefäß-protektiven (gefäßschützenden) Wirkung der Cholesterinsenker zugeschrieben. Dies ist hilfreich, da es bei COVID-19 häufig zu einer generalisierten Entzündung, auch in den Gefäßen, kommt.
Statine und Impfung: Medikamente zur Senkung des Cholesterins können trotz bevorstehender Corona-Impfung weiter eingenommen werden. Wechselwirkungen mit dem Impfstoff sind nicht bekannt.